Nojoud Ali, elf Jahre alt und geschieden: Kind, nicht Ehefrau Zwangsverheiratet, geschlagen, vergewaltigt: Die heute elfjährige Nojoud Ali war die erste Kindbraut im Jemen, die sich von ihrem Mann scheiden ließ. Ihre Geschichte ist jetzt als Buch erschienen.
Februar 2008: Nojoud winkt ihren Geschwistern zu. Wirft einen Blick auf den Garten ihrer Eltern, wo sie gestern noch gespielt hat. Dann steigt die Zehnjährige zu dem Mann ins Auto, der jetzt ihr Ehemann ist. Der versprochen hat, sie nicht anzurühren. Nicht bevor sie zum ersten Mal ihre Periode haben würde.
Noch in derselben Nacht, in ihrem neuen Zuhause, poltert er in ihr Zimmer. Er stinkt nach Zigaretten, betatscht ihren Körper mit seinen rauen Händen. "Lassen Sie mich in Ruhe", fleht Nojoud. "Du bist meine Frau. Wir schlafen in einem Bett", schreit er. Sie versucht zu fliehen. Er schlägt sie zu Boden, zieht sich seine weiße Tunika aus. Sie weint "Hilfe, Hilfe!" Dann spürt sie ein Brennen. Es tut weh. Sehr. "Aua", schreit sie. Dann wird sie ohnmächtig. --------------------------
Eine Kindheit, die zur Qual wird. Experten schätzen, dass mehr als 50 Prozent der Mädchen zwischen sieben und neun Jahren im Jemen zwangsverheiratet werden. Armut, fehlende Bildung und die von Männern dominierte Kultur tragen dazu bei. Gesetzlich ist eine solche Heirat erst im Alter von 15 erlaubt. Doch es gibt eine Klausel, die private Absprachen billigt. Die nutzt Nojouds Vater. Auch er ist arm. Hat 16 Kinder, zwei Ehefrauen und keinen Job.
Er verkauft seine Tochter für 150.000 Rial (ca. 600 Euro, das sind etwa zwölf Monatsgehälter im Jemen). Aber seine Tochter überrascht alle. Denn nach zwei Monaten Ehe voller Folter lässt sie sich scheiden. Ein unvorstellbarer Vorgang im Jemen. Grund genug, ein Buch über die Zehnjährige zu verfassen: "Nojoud Ali" (Knaur, um 15 Euro). Journalistin Delphine Minoui verbrachte dafür zwei Wochen mit der kleinen Nojoud. "Sie hat das Land verändert", sagt Minoui.